Bergheim (red). Ganze sechs Kilometer ist sie lang. Dann verschwindet die Home in einem anderen Wasserlauf, um letztlich in die Nordsee zu münden. Ohne diesen Bach aber gäbe es Bergheim nicht, wie einst auch jedes andere Dorf einen Heubach (Vinsebeck), einen Mühlenbach (Sandebeck) oder eine Emmer (Oeynhausen) benötigte, um überhaupt existieren zu können. In Zeiten, in denen das Wasser aus dem Hahn kommt, ist diese Abhängigkeit nicht mehr sichtbar – Grund genug für die Dorfwerkstatt Bergheim, ihren nächsten Themennachmittag dem Wasser zu widmen. „Der Prozess der Entfremdung war überall gleich“, lädt Vorsitzender Peter Müller auch die Einwohner der Nachbarorte zu der Veranstaltung ein.
„Bergheim going Home“ ist die Veranstaltung am 4. November im Dorfgemeinschaftshaus überschrieben (Beginn: 15.00 Uhr). Das Wortspiel lehnt sich an an den Namen des örtlichen Bachlaufes, soll zugleich aber auch deutlich machen, dass es sich um eine Art Rückkehr zu den Wurzeln des Dorfes handelt. Der Bach lieferte das Wasser für die Landwirtschaft und die menschlichen Bedürfnisse, allerdings war das Verhältnis des Ortes zu „seinem“ Bach nie ungetrübt. „Mal war es zu viel des Guten, mal zu wenig davon“, sagt Dr. Thomas Bauer. Die Dorfwerkstatt hat den Historiker und gebürtigen Bergheimer erneut für einen Vortrag gewonnen. Er fand in den Quellen zahlreiche Belege für Überschwemmungen, Dürren und Unglücksfälle.
So heißt es für 1839 in der Chronik: „Während der Regen stromweise vom Himmel herabstürzte, entstand plötzlich im Dorfe ein Geschrei, daß die Bleiche wegfließe! Alles lief dem Haine zu, wo mehrere hundert Stück Leinen und andere leinen Gegenstände lagen; aber von allem diesen war nichts mehr zu sehen: die ganze Bleichstätte glich einem See.“ Die „Bleiche“ ist längst verschwunden, dort erstreckt sich heute der Parkplatz vor der Bürgerhalle. „Das Asphaltieren dieses einst zentralen Treffpunktes und Arbeitsortes und ist symptomatisch für die Entfremdung vom Wasser“, so Bauer. Der Prozess habe schon Mitte des 19. Jahrhunderts begonnen, mit der einsetzenden Flurbereinigung. Die Home wurde begradigt, Feuchtgebiete und Überschwemmungsflächen verschwanden zugunsten von Wiesen und Äckern.
Nach und nach wurden auch die vielen kleinen Wasserläufe und Gräben beseitigt, die sich durch die Straßen zogen. Die größte Zäsur stellten die 1950er und 1960er Jahre dar: Die fortschrittsgläubige Zeit nach dem Krieg brachte die Einführung der zentralen Trinkwasserversorgung – eine Neuerung, die keineswegs nur bejubelt wurde: „Das Wasser, das nicht mehr aus dem eigenen Brunnen, sondern aus dem Hahn sprudelte, bekam plötzlich ein Preisschild“, erläutert Bauer, im Hauptberuf Pressereferent an der Uni Münster, die Gründe für den zähen Widerstand vieler Einwohner. Da das, was aus dem Rohr kam, auch irgendwohin wieder verschwinden musste, folgten dem Trinkwasser die Kanalisation und die erste Kläranlage.
Nach der Historie wendet sich der Themennachmittag der heutigen Wasserversorgung zu: Dr. Markus Schmitt von den Stadtwerken Steinheim wird erläutern, was genau in welcher Qualität eigentlich aus der Leitung kommt, warum in allen Haushalten elektronische Wasserzähler installiert werden und warum in Steinheim ein neuer Hochbehälter entsteht. Der Geschäftsführer des kommunalen Unternehmens kommt nicht mit leeren Händen nach Bergheim: Er bringt den Montagewagen des Unternehmens mit, dessen technische Einsatzmöglichkeiten live demonstriert werden. „Das dürfte nicht zuletzt die jüngeren Besucher interessieren“, freut sich Peter Müller über den Programmpunkt. Für die Gäste des Themennachmittags serviert das Team der Dorfwerkstatt wie immer Kaffee, Kuchen und Kaltgetränke.
Foto: Sammlung Bauer