Kreis Höxter (red). Viele der sog. „Fake News“ richten sich gegen Geflüchtete und andere rassifizierte Gruppen. Solche Desinformationen schüren Angst und Hass, verfestigen Vorurteile und schaffen einen Nährboden für gesellschaftliche Spaltung und Gewalt. Tahireh Setz, Rechtswissenschaftlerin aus Warburg, erläuterte in einem Vortrag Ursachen und Folgen rassistischer Desinformation und stellte Gegenmaßnahmen vor. Veranstaltet wurde der Vortragsabend von der Frauen Union Kreis Höxter am 28. März 2023 im Rahmen der „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ im Landhotel Stein in Brakel. Bereits zum 3. Mal nahmen die CDU Frauen der Frauen Union Kreis Höxter mit einem Veranstaltungsbeitrag an den Internationalen Wochen gegen Rassismus teil, in den vergangenen Jahren zum Teil mit online Veranstaltungen. „Umso mehr freut es uns in diesem Jahr eine Präsenzveranstaltung mit einer kompetenten Dozentin, Frau Tahireh Setz und einem hoch aktuellen und wichtigen Thema, nämlich „Fake News“ und deren Verbreitung, voranging in den sozialen Medien, angeboten zu haben“, berichtet Viola Wellsow, Kreisvorsitzende der Frauen Union über einen erfolgreichen Abend mit einem sehr guten fachlichen Vortrag und einer engagierten Diskussion im Anschluss an den fachlichen Input.
Frau Setz betonte zu Beginn ihres Vortrags die Aktualität des Themas: „Desinformation und Rassismus gehen oft Hand in Hand. Sei es, dass beide gegen den gesellschaftlichen Zusammenhalt wirken und ein spaltendes Weltbild vertreten. Sei es, dass bei beiden Phänomenen kognitive Verzerrungen die eigene Wahrnehmung beeinträchtigen.“ Nicht verwunderlich sei daher, dass die meisten Verschwörungsmythen, die den Desinformationen einen Rahmen geben, einen – wenn auch versteckten – antisemitischen und rassistischen Kern haben. Rassismus und Desinformation seien eine besonders unheilvolle Kombination. Die Tatsachenbehauptung, dass es Menschenrassen gäbe, sei eine längst falsifizierte Theorie und damit bereits an sich „Fake News“. Es sei aber wichtig, sich nicht nur den offensichtlichen Rassismus anzugucken, sondern auch subtilere Formen. Entsprechend ging die Referentin auch auf systemischen Rassismus ein, der dazu führe, dass auch rassifizierte Menschen rassistische Einstellungen internalisieren können.
Im Anschluss stellte die Volljuristin aktuelle rechtliche Entwicklungen vor, z.B. Verschärfungen des Deutschen Strafrechts im Bereich der Online-Hasskriminalität und neue Verordnungen der EU, die Anbieter von sozialen Medien verpflichten, gegen Desinformation vorzugehen.
Abschließend betonte Setz die unentbehrliche Bedeutung des gesellschaftlichen Engagements: „Wir leben in einer Zeit der technologischen und politischen Umbrüche. Diese Umbrüche zeigen, dass eine gesamtgesellschaftliche Transformation stattfindet, die Individuen, die Zivilgesellschaft und Institutionen betrifft. Wir können es selbst in die Hand nehmen, mitzubestimmen, in welche Richtung dieser Wandel sich vollzieht. Die Desinformationskrise kann auch eine Chance sein, tief verwurzelte Ressentiments zu entlarven. Das sogenannte „postfaktische Zeitalter“ zeigt, wie wichtig konstruktive gesellschaftliche Aushandlungsprozesse sind und wie wertvoll es ist, dass jeder Mensch eine normative Kraft in sich trägt, die zur Gestaltung und Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts eingesetzt werden kann.“ Zur Veranschaulichung teilte die Referentin Erfahrungen aus einem Kinderprojekt, das im Begegnungsort „Zweiten Heimat“ in Warburg stattfindet und ethische Werte wie Wahrhaftigkeit und Hilfsbereitschaft vermittelt. Die Kreisvorsitzende Wellsow stimmt zu: „Es ist wichtig Flagge zu zeigen, sich einzumischen und informiert zu sein, sowohl darüber, wie Meinungen entstehen und beeinflusst werden können, als auch seinen Blick zu schulen, um Fake News zu entlarven und ihnen den Nährboden zu entziehen.“ Von den bewusst gestreuten Gerüchten über Geflüchtete bis hin zu den gezielten Falschmeldungen über das Corona-Virus gibt es eine große Bandbreite von Fake News, die verbreitet werden, so entsteht verbale Gewalt, die zu Attentaten und Amokläufen führen kann. Grund genug alarmiert zu sein, hin zu schauen und frühzeitig präventiv einzugreifen, indem eine frühzeitige Erziehung und Aufklärung bereits in der Kindheit beginnt und in allen Altersklassen fortgesetzt wird, um unsere Kinder über die Vor- und Nachteile und den Umgang mit den sozialen Medien zu informieren und Menschen dazu zu sensibilisieren, genau hinzuschauen und wenn nötig ihre Stimme zu erheben. „Das und das vorurteilsfreie aufeinander zugehen ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhalten wird und stark macht, um die Herausforderungen der Zukunft als Gesellschaft in Gänze zu bestehen“, so Wellsow abschließend.
Das Thema wurde anhand von Beispielen aus sozialen Medien veranschaulicht und diskutiert. Das Publikum scheute keine kontroversen Fragen und nahm den Anlass wahr, um über persönliche Sorgen zu sprechen.
Die Referentin:
Tahireh Audrey Setz geb. Panahi forscht als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Öffentliches Recht, IT-Recht und Umweltrecht von Prof. Dr. Gerrit Hornung an der Universität Kassel im Rahmen des Forschungsprojekts DYNAMO zum Thema der Desinformation in sozialen Medien. Die Rechtswissenschaftlerin ist aus dem ZDF-Format „13 Fragen“ bekannt und informiert auch über ihre Instagram-Seite „Diskutopia“ über die Themen Desinformation, Rassismus und gesellschaftlicher Zusammenhalt.
Foto: Frauen Union Kreisverband Höxter